Hallo liebe Beinverlängerer,
wie schon Nadine und Adrian, hat auch Christian seine Beinverlängerungs-Erfahrungen aufgeschrieben. Normalerweise äußere ich mich nicht zu den einzelnen Berichten, aber dieses Mal haben wir einen ganz besonderen Fall, nämlich einen ersten Negativbericht.
Dazu will ich kurz ein paar Worte sagen: In Deutschland gibt es mehrere Möglichkeiten (und Ärzte) seine Beine verlängern zu lassen. Das nicht alle Methoden den gewünschten Erfolg erzielen und damit die gesamte OP auch mal schief laufen kann, zeigt Christians Geschichte. Trotz der schlimmen Erfahrungen, die er machen musste, möchte ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei eher um eine Ausnahme handelt.
Da ich mit meiner Seite eine Plattform schaffen möchte, auf der man sich rundum informieren kann, möchte ich euch natürlich auch die Negativseite nicht vorenthalten, denn auch solche Fälle gibt es natürlich. Der Sinn dieses Berichtes ist es allerdings NICHT, euch Angst zu machen, oder gar völlig von dem Wunsch einer Beinverlängerung abzubringen! Christians - und auch meine- Intention ist es, aufzuzeigen, dass man sich gut informieren muss, um so die bestmöglichste Methode für einen selber zu finden.
Wenn ihr Christian zu diesem Bericht etwas schreiben möchtet, dann nutzt bitte die Kommetarfunktion am Ende der Seite oder schreibt ihm direkt eine Mail an seine unten angegebene E-Mail-Adresse!
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Liebe Leserin, lieber Leser,
ich heiße Christian und bin 30 Jahre alt und wohne in der Nähe von Potsdam.
Unfallbedingt hatte ich eine Beinverkürzung von 6,5cm, die mittels ISKD- Nagel Anfang 2008 in der Charité Berlin korrigiert wurde.
Ich möchte hier über meine Beinverlängerung berichten, damit sich alle, die auf der Suche nach Antworten sind, ein möglichst objektives Urteil darüber bilden können.
Bei konkreten Fragen könnt Ihr mich gern kontaktieren. Meine e-Mail Adresse findet Ihr am Ende des Textes.
Meine Beinverlängerung
Am 02.11.2007 war es so weit. Ich hatte einen Termin zur Beinverlängerung mittels ISKD- Nagel in der Charité Campus Virchow (Berlin).
Trotz dem ich mich vorher ausführlich habe beraten lassen und mich auch im Internet schlau gemacht habe, konnte ich nicht ansatzweise ahnen, was da auf mich zukommt…
Am 26.09.1989, im Alter von 10 Jahren, hatte ich einen Schulbus- Unfall, bei dem die untere Wachstumsfuge meines linken Oberschenkels verletzt wurde. Daraus resultierte im Laufe des Wachstums eine Beinverkürzung von 6,5cm.
Zunächst ist das nicht weiter aufgefallen und ich hatte keine Probleme damit. Doch als ich so um die 16-17 Jahre alt war, machte sich ein nicht zu übersehender Beckenschiefstand bemerkbar.
Zur Korrektur bekam ich eine Schuherhöhung, die im Laufe der Jahre stetig angeglichen wurde, bis ich schließlich einen Klotz von 7 cm unter meinem Schuh getragen habe.
Vor 10 Jahren ließ ich mich schon umfangreich beraten, was eine Verlängerung angeht. Damals war das Verfahren mit einem Marknagel noch nicht erprobt und Beinverlängerungen wurden meist mit einem Fixateur Externe durchgeführt.
Das hat mich natürlich abgeschreckt. Und da ich, bis auf den kosmetischen Aspekt auch gut mit meiner Schuherhöhung zu Recht kam, schied dieses Verfahren erst einmal für mich aus.
Im Jahre 1999 entschied ich mich dann allerdings doch dafür, eine Verlängerung mittels Fixateur machen zu lassen.
Aber daraus sollte nichts werden: Als ich im Krankenhaus aufgenommen wurde, hat man mir routinemäßig Blut abgenommen. Und da irgendein Wert (ich weiß nicht mehr welcher) extrem erhöht war, wollte man mich unter keinen Umständen operieren. Ich blieb noch einige Tage, in der Hoffnung, dass der Wert sich bessert, doch das war nicht der Fall, so dass ich entlassen wurde.
Regelmäßige Blut- Kontrollen beim Hausarzt zeigten keine Änderungen des Wertes.
Ich konnte natürlich nicht die ganze Zeit zu Hause sitzen und warten, dass sich meine Werte bessern, und begann eine Ausbildung. Dadurch verschob sich der Termin für die OP weit nach hinten…
Anfang 2006
Ich hatte mittlerweile massive Schmerzen in Knie, Hüfte und Wirbelsäule durch die ständige Schonhaltung und mein Gangbild war kein Gangbild mehr.
Die Zeit schien günstig und ich entschloss mich dazu, mich nochmals in der Charité beraten zu lassen, was es für Möglichkeiten der Beinverlängerung gibt.
Da nun über 7 Jahre vergangen waren, war die Technik der Intramedulären Distraktionsnägel schon weiter voran geschritten und eine vielfach erprobte Technik geworden, der Fixateur Externe quasi ein alter Hut.
Ich war begeistert! Die Zeit drängte. Ich war nun schon fast 29 und hatte wie gesagt schon massive statische Probleme.
Es war abzusehen, dass ich bald Arbeitslos werden würde, da mein Vertrag auslief. Also hatte ich auch die nötige Zeit. Kurzum entschloss ich mich, die OP machen zu lassen.
In der Charité Campus Virchow fühlte ich mich gut aufgehoben. Uniklinik. Weltruf. Neueste Techniken. Eliteärzte.
Der OP- Termin war am 02.11.2007, 7:00Uhr.
Anreise. Anmeldung. Aufnahme. Anästhesie- Vorbereitung. OP.
Gegen 16:00 Uhr wurde ich wach. Ich bin in meinem Leben Unfall-bedingt schon öfter operiert worden und empfand alles den Umständen entsprechend als „normal“.
Die erste Nacht war der Horror. Es bildeten sich zwei Hämatome, eins im Oberschenkel, eins im Gesäß. Kann passieren.
Tag 1
Erste Röntgenuntersuchung. Ich war schon 1,4cm gewachsen!
Ich war guter Dinge, da man mir sagte, dass der Nagel oft nicht verlängert und dies in dem Fall ständig manuell gemacht werden müsse. Bei mir war alles OK.
Ich habe ständig in den vorgeschriebenen Intervallen gemessen, ob der Nagel auch noch weiterhin seinen Dienst verrichtet- alles Bestens!
Ich war glücklich und zufrieden, diesen schweren Schritt endlich gegangen zu sein und das ganze sich nur um Wochen handeln würde, bis ich mit der Sache durch bin.
Tag 2/3
Am dritten Tag nach der OP bekam ich eine starke Beugekontraktur im Knie und in der Hüfte. Dazu Schmerzen, die ich mir bis dato nicht vorstellen konnte, obwohl ich schon oft operiert wurde und dachte, dass ich weiß, was Schmerz bedeutet und wie ich damit umgehe.
Man sagte mir, ich würde zu wenig Dehnübungen machen. Das war aber nicht mehr ansatzweise möglich. Und einen Physiotherapeuten hatte ich bis dahin auch noch nicht gesehen.
Tag 4-7
Die Tage vergingen sehr langsam. Die Nächte noch langsamer. Die Schmerzen wurden immer unerträglicher. Ich bekam inzwischen 250 Tropfen Tramal 800mg Ibuprofen, 4000mg Novaminsulfon und Stilnox. Insgesamt 21 Tabletten täglich!
Mittlerweile hatte ich ein ganz bescheidenes Gefühl und eine innere Abneigung gegen den Nagel in meinem Bein.
Ich bat vergebens darum, eine RÖ- Kontrolle zu machen, da ich der Annahme war, dass der Nagel einfach zu schnell arbeitet. Keine Chance.
Ich war in Chefarztbehandlung und der Leiter der Klinik sagte mir es wäre ganz normal, dass die Muskeln etwas schmerzen würden. Ich solle einfach mal mehr Üben und Dehnen.
Ich kam mir echt bescheuert vor. War ich doch so ein Weichei? War ich nur übersensibel?
Über das zweite Wochenende (ich hatte Freitag die OP) verschlimmerte sich mein Zustand so weit, dass die Schmerzen nur noch sitzend am Tisch (Hüfte 90°, Knie 90°) auszuhalten waren.
So verbrachte ich 3 Tage und 2 Nächte. Meine Ärzte waren über das Wochenende natürlich nicht zu erreichen und der Dienst habende Arzt wollte oder konnte keine Entscheidungen treffen.
Tag 8-10
In der Nacht von Sonntag zu Montag ist dann plötzlich mein Unterschenkel ab Knie taub bzw. hypersensibel geworden. Das trat innerhalb weniger Stunden ein.
Da ich selbst einen medizinischen Beruf gelernt habe (Orthopädietechnik) war mir klar, dass eine Schädigung eines Nervs eingetreten ist. (Um genau zu sein: N. Peroneus und N. Peroneus Profundus)
Ich teilte das am Montag sofort meinen Ärzten mit. Komischerweise wurde dem keine großartige Beachtung geschenkt.Stattdessen bekam ich jetzt Physio- und Elektrotherapie.
Die ersten zwei Anwendungen der KG ließ ich mit Tränen in den Augen über mich ergehen, da ich ja der Annahme war, dass ich einfach nur zu weich war. Das war körperlich und geistig so anstrengend, dass ich danach sogar mal 2- 3 Stunden schlafen konnte, was mir sonst nicht vergönnt war, trotz der starken Medikamente.
Am Dienstag war ich am Ende. Ich musste schon heulen, als die Pysiotherapeutin nur das Zimmer betrat. Sie hat dann wohl gemerkt, dass mit mir wohl doch irgendwas nicht stimmt und hat meine Ärzte unterrichtet. (An dieser Stelle herzlichen Dank, Vivien!)
Nun wurde ich endlich zum Röntgen geschickt.
Ich konnte das Ergebnis schon erahnen. Aber das Ausmaß, das auf den Bildern zu sehen war, ließ mich erblassen. Mein Bein war in 11 Tagen fast 5cm gestreckt worden! 5cm!!!
(Normal wären 1mm/ Tag) Das Messgerät hatte das nicht angezeigt. Ich war fertig. Ich wusste, dass ich die ganze Zeit Recht gehabt hatte und dass die Ärzte mich ignoriert, bzw. nicht ernst genommen hatten. Aber wenigstens war die Weichei- Theorie nicht bestätigt worden.
Tag 12
Jetzt wurde ich plötzlich ernst genommen. Ich hatte auf ein Mal 8 Ärzte im Zimmer. Der Prof. 4 Oberärzte, und 3 Assistenzärzte. Und jetzt kommt der Hammer: Sie sagten mir, dass ich mich wohl zu viel bewegt hätte. Ich hätte die ganze Zeit still liegen müssen, da der Nagel ja durch Bewegung distrahiert.
Inzwischen waren meine Eltern 400 km angereist und standen fassungslos daneben. Ich war im ersten Moment auch sprachlos
Ich bekam Order, mich nicht mehr zu bewegen. Man wollte 2 Tage abwarten, nochmals eine Röntgen- Kontrolle machen und dann entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden. Man kann sich denken, dass das mit dem „Stillliegen“ nicht funktioniert hat.
Ich bekam jetzt mittlerweile 30mg Oxigesik, ein Morphin, 150mg Lyrica, 4000mg Novaminsulfon, 800mg Ibuprofen, 75mg Saroten und Cortison. Rhypnol(!!!) zur Nacht, was aber auch nicht mehr wirklich half.
Tag 14
Die RÖ- Bilder zeigten dass ich jetzt deutlich über 5cm gewachsen war. Um genau zu sein 5,4cm. Also noch mal ca. ½ cm in den 2 Tagen. Am Morgen des 15. Tages stellte man mich vor die Wahl: Entweder Becken- Ganzbein- Gips, oder einen Fixateur Externe, der den Nagel stoppen soll. Ich wollte nichts von beidem. Ich wollte nur diesen Nagel loswerden. Das wäre auch möglich gewesen, jedoch rieten mir alle Ärzte, meine Freundin und meine Eltern davon ab und beknieten mich es nicht zu tun.
Trotz starker innerer Abneigung und Bedenken entschied ich mich für den Fixateur. Nach einigen Tagen waren die Schmerzen auch tatsächlich erträglicher geworden und ich konnte einige von den starken Medikamenten absetzen.
Ungefähr eine Woche später wurde ich in eine Art „Hau- Ruck- Aktion“ in die Charité Mitte verlegt. Dort sollte eine stationäre Früh- Reha stattfinden. Hörte sich auch erst einmal gut an. 3 Therapeuten für 7 Patienten, straffes Programm, 4- 6 Stunden täglich.
Ich bekam eine Auszubildende im Praktikum. Und aus 4 Stunden täglich wurden 2x 30 min. Zu allem Überfluss bekam ich auch noch den „Noro- Virus“ und wurde in Quarantäne verlegt. So vergingen dann 3 Wochen, ohne nennenswerte Erfolge.
Am 17. Dez. wurde der Fixateur entfernt. Hierzu ist zu sagen, dass der ISKD- Nagel eine solche Kraft entwickelt hat, und weiter distrahierte, dass die Pinn´s die Form einer Banane hatten Am 22. Dez. wurde ich auf eigenen Wunsch entlassen. Über Weihnachten und Silvester vegetierte ich zu Hause auf der Couch. Nach den Feiertagen schleppte ich mich zum Arzt.
Dort wurde sich endlich um mich gekümmert. Ich wurde in eine stationäre Reha- Einrichtung in Massow (Brandenburg) überwiesen. Dort habe ich drei Monate verbracht.
Ich habe dort zwar Fortschritte gemacht, aber als geheilt konnte man das Ergebnis bei der Entlassung nicht bezeichnen.
Ich bin mit starken Schmerzen und 15° Streck- und 25° Beugekontraktur und hoher Medikation entlassen worden.
Bis Juni 2008 habe ich noch 150mg Lyrica, 75mg Saroten 2000mg Novaminsulfon und 2x 15 Tropfen Tramal genommen.
Obwohl die Schmerzen bis heute andauern, habe ich dann ganz auf Medikamente verzichtet, da ich starke Nebenwirkungen zu spüren bekam, taube Hände und Gewichtszunahme sind nur ein Teil davon.
Bis Ende Juli 2008 bin ich an Krücken gelaufen, obwohl ich 3x wöchentlich zur EAP (Erweiterte ambulante Physiotherapie) gegangen bin.
Ich habe bis heute Schmerzen und eine bleibende schmerzhafte Nervenstörung im Unterschenkel/ Knie. Ich bin in meinem alten Beruf so gut wie arbeitsunfähig, weil ich nicht einmal ½ Stunde am Stück stehen kann.
Bedingt durch das schnelle Wachstum konnte sich nicht genügend Kallus bilden und die Heilung dauert an. Eventuell ist Ende 2009 noch eine OP geplant, falls sich bis dahin nicht ausreichend Knochen gebildet hat. Aber noch mal in die Charité?
Es gibt nichts, was ich mehr bereue, als diese OP mit dem ISKD-Nagel. Ich habe nichts davon, außer, dass ich jetzt normale Schuhe tragen kann. Immerhin.
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Das war meine Geschichte.
Es ist nur ein grober Abriss dessen, was alles passiert ist.
Wer möchte und Interesse hat, kann mich gerne kontaktieren und Fragen zum ISKD- Nagel stellen: chkleinpotsdam@web.de
Für alle, die solch eine Beinverlängerung in Erwägung ziehen, habe ich ein paar Tipps:
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Lasst euch umfangreich beraten. Geht zu mehreren Ärzten.
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Ihr solltet euch für einen Nagel entscheiden, der von außen steuerbar ist, oder für den Fixateur Externe. Die Pinn's sind gar nicht so schlimm, wie sie aussehen!
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Entscheidet dich nur dafür, wenn dein Umfeld, sprich Familie/ Partner/ Freunde dich ständig unterstützen können.
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Lass dich umfangreich über das, was an Komplikationen auftreten kann beraten und frag, was im Fall der Fälle dagegen getan werden kann.